Die Werte eines Vagabunden
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Paul saß auf der Terrasse seines Airbnbs und starrte auf den Bildschirm seines Laptops. Seine Finger tanzten auf der Tastatur, als er die Arbeit erledigte, die er für seine Kunden erledigen musste. Es war eine einfache Aufgabe, aber das war nicht das, was ihn beschäftigte.
Seine Gedanken schweiften ab und er konnte sich nicht dagegen wehren, sich wieder an all die Orte zu erinnern, an denen er in den letzten Monaten gewesen war. Von der Schönheit der Amalfiküste bis zu den historischen Städten Deutschlands und Frankreichs. Diesen Lebensstil führt Paul bereits seit einigen Jahren. Er hatte so viel gesehen und so viel erlebt, und doch war er innerlich leer.
Es war eine seltsame Art von Einsamkeit, die ihn befiel, obwohl er ständig in der Gesellschaft anderer Menschen war. Seine Freunde daheim beneideten ihn um seinen Lebensstil, aber sie wussten nicht, wie es wirklich in ihm aussah. Niemand wusste, wie oft er sich innerlich fragte, ob er hier wirklich glücklich war.
Er fühlte sich leer und unvollständig, als ob etwas in ihm fehlte. Ein Gefühl, das ihm schon bekannt war. Es erinnerte ihn an die Zeit, in der er bei der Wirtschaftskanzlei arbeitete, als er sich genauso fühlte. Aber das war doch der Grund, warum er seinen Job gekündigt hatte und diesen Lebensstil begonnen hatte. Er dachte, dass dies der Weg war, um glücklich zu sein.
Doch jetzt, wo er hier saß, konnte er nicht anders, als sich zu fragen, ob er wirklich das Richtige getan hatte. War es das wert, all diese Orte zu sehen, all diese Menschen zu treffen, wenn er sich so leer fühlte? Er konnte es nicht erklären, und das machte ihn noch trauriger.
Er schloss seinen Laptop und stand auf, um in die Stadt zu gehen. Er wusste, dass er etwas tun musste, um dieses Gefühl loszuwerden, aber er wusste nicht was. Er dachte an all die neuen Menschen, die er kennengelernt hatte, und fragte sich, ob es jemanden gab, dem er sich anvertrauen konnte. Aber er hatte das Gefühl, dass niemand ihn wirklich verstehen würde.
Paul begann zu laufen und die Straßen entlangzugehen. Es war eine schöne Stadt, aber er konnte sie nicht wirklich genießen. Seine Gedanken kreisten weiter um das Gefühl der Leere in ihm. Er wusste, dass er etwas ändern musste, aber er wusste nicht, wie er das anstellen sollte. Er seufzte und setzte seinen Weg fort, bereit für die nächste Etappe seiner Reise, ohne wirklich zu wissen, wo er eigentlich hin wollte.
Die Geschichte der digitalen Nomaden begann im Jahr 2007, als Tim Ferriss ein Buch veröffentlichte, das die Art und Weise, wie Menschen über Arbeit und das Leben denken, grundlegend verändern sollte. In diesem Buch beschrieb Ferriss ein Modell, das es ermöglichte, von jedem Ort der Welt aus zu arbeiten und das Leben auf eine neue, aufregende Art und Weise zu erleben.
Ferriss lieferte in seinem Buch eine Reihe von Tricks, Taktiken und Konzepten, die den Lesern halfen, ihre Arbeit zu optimieren und ihre Zeit effektiver zu nutzen. Doch die Stelle, mit der sich die Leser wahrscheinlich am meisten identifizieren konnten, waren die ersten Kapitel des Buches, in denen Ferriss seine eigene Situation beschrieb.
In unserer modernen Gesellschaft fragen sich viele Menschen, ob das, was sie tun, wirklich alles ist, was das Leben zu bieten hat. Nachdem sie jahrelang von der Schule und anderen Bildungsinstituten begleitet wurden, stehen sie nun als junge Erwachsene vor der Aufgabe, selbst zu entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Aber auch Menschen aus späteren Lebensphasen merken oft nach Jahren und Jahrzehnten im "9-to-5", dass sich etwas ändern muss.
Diese Art der "Midlife-Crisis", die viele Menschen in jungen Jahren durchleben, war der Katalysator für den Erfolg von Ferriss Buch. Viele Menschen sehnten sich nach einem Leben, das ihnen mehr Sinn, Leidenschaft und Zufriedenheit liefert, als es ihre Arbeit ihnen bieten kann.
Aus den ersten Lesern hat sich mittlerweile eine globale Bewegung entwickelt. Millionen von Menschen verlassen ihre festen Strukturen, um als digitale Nomaden die Welt zu erkunden und dabei zu arbeiten. Sie sind auf der Suche nach neuen Erfahrungen, neuen Kontakten und neuen Möglichkeiten, um ihr Leben zu bereichern.
So war es auch ein sonniger Tag im Frühling, als Paul sich einige Jahre zuvor mit einem Lächeln im Gesicht auf den Weg zum Flughafen machte. Er hatte sich dazu entschlossen, alles hinter sich zu lassen und den nächsten Schritt in Richtung seines Traums zu wagen. Der Traum von einem Leben, das mehr bedeutet als bloßes Funktionieren in einem System, das ihn nicht erfüllt.
Einige Jahre zuvor noch hatte er seinen ersten Job bei einer großen Wirtschaftsberatung angenommen. Das Einstiegsgehalt war gut und die Zukunftsaussichten vielversprechend. Doch schon nach der ersten Woche verflog die anfängliche Euphorie und Paul spürte, dass er nicht glücklich sein würde, wenn er die nächsten 40 Jahre seines Lebens auf diese Weise verbringen würde.
So begann er, im Internet nach Alternativen zu suchen. Er stieß auf den Begriff "Digitaler Nomade" und fand heraus, dass es möglich war, von überall auf der Welt zu arbeiten, solange eine stabile Internetverbindung vorhanden war. Paul wusste sofort: Das war es, wonach er gesucht hatte.
Zwei Jahre später, nachdem er seinen Plan akribisch durchdacht und umgesetzt hatte, saß er nun in einem Flugzeug nach Portugal. Sein Ziel war es, den Herausforderungen eines neuen Lebens zu begegnen, das ihm hoffentlich die Erfüllung und Zufriedenheit bringen würde, die er so lange gesucht hatte. Die Freiheit, die er auf seiner Reise erleben würde, war eine Freiheit, die ihn zuvor nur in seinen Träumen verfolgte. Er war bereit für das Unbekannte und freute sich auf alles, was auf ihn wartete.
Sechzehn Jahre sind seit der Veröffentlichung von Tim Ferriss' bahnbrechendem Buch vergangen und die Welt hat sich seitdem verändert. Millionen von Menschen haben mutig einen neuen Weg der Arbeit eingeschlagen, inspiriert von Ferriss' Vision des ortsunabhängigen Arbeitens und des Lebens in Freiheit. Doch während einige diese neue Lebensweise in vollen Zügen genießen, ist es bei einer Vielzahl von Menschen abzusehen, dass sich eine latente Unzufriedenheit eingerichtet hat. Viele sind in einer oder mehreren der folgenden Fallen des Digitalen Nomadentums gefangen, die eine erfolgreiche Umsetzung dieses Lebensstils verhindern.
Die Idee, als digitaler Nomade um die Welt zu reisen und dabei unabhängig zu arbeiten, klingt verlockend. Keine festen Arbeitszeiten, kein Chef, der einem im Nacken sitzt, und die Freiheit, von jedem Ort aus arbeiten zu können. Viele Menschen haben sich aufgrund solcher Versprechungen für diesen Lebensstil entschieden. Aber was passiert, wenn die Realität nicht den Erwartungen entspricht?
Zunächst einmal sollten wir uns fragen, welche Erwartungen wir an unser Einkommen haben. Viele Menschen starten ihre digitale Nomadenkarriere mit einem Geschäftsmodell, für das es keine Nachfrage gibt oder versuchen, ihre Leidenschaften und Hobbys in ein Geschäftsmodell umzuwandeln. Doch oft reicht das nicht aus, um sich finanziell über Wasser zu halten. Wenn die Rücklagen immer weniger werden, steht emotionaler Stress an der Tagesordnung. Wenn sich dann plötzlich herausstellt, dass das eigene Leben als digitaler Nomade (wenn man es überhaupt aus dem Heimatland raus schafft) noch viel schlechter ist als zuvor, kann das ein harter Schlag für die eigene Identität sein.
Man hat noch viel weniger Zeit, um die schönen Dinge des Lebens zu genießen und das Gleiche gilt für den täglichen Arbeitsrhythmus. Es ist oft stressiger und emotional fordernder als die typische 9-to-5-Arbeit.
Was viele an dieser Stelle dann realisieren: Wenn man zuvor als Angestellter nach einem sicheren Einkommen, einem Einfamilienhaus mit Garten und einem Auto gestrebt hat, dann ist das Streben nach Ortsunabhängigkeit und Nomadentum im Grunde dasselbe. Eine fülle an externen Faktoren, die für sich selbst genommen keinen eigene Sinnhaftigkeit liefern.
Digitales Nomadentum an sich kann auch nur eine leere Hülle eines vermeintlichen Ziels in der Zukunft, das das Versprechen von "Endlich bin ich glücklich" in sich trägt. Man beginnt, das ständige Umherziehen zu idealisieren, ohne wirklich darüber nachzudenken, was es bedeutet, langfristig unterwegs zu sein und ständig seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Der Weg dahin ist oftmals mit langen Phasen von emotionalen Stress geprägt. Das alles, nur um an Ende festzustellen, dass dieses Modell, in das man bereits soviel emotional investiert hat, für einen selbst nicht tauglich ist.
Wer realistisch bleibt und vor allem geduldig ist, wird jedoch auch langfristig erfolgreich sein können. Es gilt, sich bewusst zu machen, dass das digitale Nomadentum kein Selbstläufer ist, sondern eine Möglichkeit, die es zu gestalten und zu leben gilt.
Endlich Ortsunabhängigkeit, endlich selbstbestimmtes Arbeiten und vor allem: endlich Zeit für die Dinge, die wirklich wichtig sind. Doch was, wenn genau das Gegenteil der Fall ist? Was, wenn das digitale Nomadentum zum Goldenen Käfig wird?
Viele Menschen machen sich auf den Weg, um selbstständig zu werden und ihr Leben auf eigene Faust in die Hand zu nehmen. Doch oft passiert es, dass sie sich in Geschäftsmodellen wiederfinden, die nicht zu ihren Werten passen oder die einfach nicht genug Einkommen generieren. Die Konsequenz: enorm viel Zeit und Energie wird aufgewendet, um die Rechnungen bezahlen zu können. Und was bleibt übrig? Viel Arbeit, die oft genug auch nicht wirklich Spaß macht, noch mehr Einschränkungen und die eigene Situation wird oft genug nicht wirklich verbessert.
Der Goldene Käfig der Selbständigkeit kann sehr schnell zur Realität werden, wenn man sich nicht im Vorfeld klar über die eigenen Werte und Ziele wird. Viel zu oft wird die Zeit für Dinge aufgewendet, die eigentlich nicht wirklich wichtig sind und man verliert sich in der Arbeit. Es bleibt keine Zeit mehr für die eigenen Bedürfnisse und Träume.
Doch es gibt auch eine andere Seite: Wenn man sich bewusst mit den eigenen Werten auseinandersetzt und ein Geschäftsmodell findet, das auch wirklich zum eigenen Leben passt, dann kann die Selbstständigkeit auch tatsächlich Erfüllung bringen. Doch der Weg dorthin erfordert einiges an Mut, Ehrlichkeit und Selbstreflexion.
Eine der schwierigsten Herausforderungen, der sich digitale Nomaden gegenübersehen, ist der Verlust von sozialen Bindungen. In dieser Art des Lebensstils sind die Menschen oft alleine unterwegs und sehen ihre engsten Vertrauten nur ein paar Mal im Jahr. Dies führt dazu, dass man den emotionalen Tiefgang und die Bindung vermisst, die man normalerweise mit anderen teilt, wenn man sich in derselben Situation befindet. Besonders in Momenten, in denen das Leben schwierig wird oder wichtige Ereignisse passieren, kann es schmerzhaft sein, nicht in der Nähe von Freunden und Familie zu sein, um sich gegenseitig zu stützen und zu helfen.
Es ist jedoch nicht nur der Mangel an emotionaler Unterstützung, der schwierig ist. Manchmal führt die ständige Abwesenheit und das Fehlen von Verbindungen dazu, dass man sich einsam und isoliert fühlt. Manchmal fühlt es sich an, als ob man in einer Blase lebt, wo alles, was um einen herum passiert, irrelevant ist. Man verliert schnell den Kontakt zu Menschen und Orten, die einem wichtig waren, und oft werden sie durch neue Beziehungen ersetzt, die genauso schnell wieder vorübergehen. Es ist einfach, in der Freiheit und den Möglichkeiten des Reisens zu versinken, aber oft auf Kosten der Beziehungen, die man zuvor aufgebaut hat.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass digitale Nomaden in einem Moment der Einsamkeit und Verzweiflung aufwachen und sich nach einer Heimat sehnen. Sie beginnen zu verstehen, dass Freiheit und Mobilität nicht alles sind, was das Leben ausmacht. Sie erkennen, dass sie den Sinn von Freundschaften, Familie und Gemeinschaft in ihrem Leben unterschätzt haben. Es ist wichtig zu erkennen, dass man als digitaler Nomade oft auf Kosten von sozialen Bindungen und emotionaler Stabilität lebt.
Die Erlebnisse, die digitale Nomaden auf ihren Reisen sammeln, beschränken sich oft nur auf die Fotos, die sie mit ihrem Smartphone gemacht haben. Die Reisen sind oft schnelllebig und flüchtig, ohne tiefe Verbindungen oder bleibende Erinnerungen. Und trotz all der Reisen und Abenteuer, kann sich das Leben oft leer und bedeutungslos anfühlen.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass man in die Falle gerät und das eigene Leben nach oberflächlichen Glücksgefühlen und externen Faktoren ausrichten. Auf der Suche nach dem nächsten aufregenden Reiseziel oder neuen Erfahrungen, um das Leben interessanter erscheinen zu lassen. Aber auf lange Sicht kann dieser Fokus auf Äußerlichkeiten dazu führen, dass sie das eigentliche Ziel, wegen dem man vor einiger Zeit losgezogen ist, aus den Augen verlieren: ein sinnvolles und erfülltes Leben zu führen.
Der Kern des Übels ist meist das Fehlen eines Gefühls für die eigenen Werte und eine fehlende Wahrnehmung darüber, welche Ereignisse in einem selbst Emotionen auslösen. Diese Emotionen sind nämlich nur eine Repräsentation der eigenen Werte, also der Dinge im Leben, die einem wichtig sind. Ohne die bewusste Ausrichtung auf die eigenen Werte, kann das Leben leicht oberflächlich und ohne Bedeutung werden.
Ein Lebensstil, der die eigene positive persönliche Entwicklung unterstützt, kann auch einen tieferen Sinn und Zweck in das Leben eines digitalen Nomaden bringen. Dies kann beinhalten, sich auf persönliche Ziele und Werte zu konzentrieren, in Gemeinschaften oder Organisationen zu engagieren, die den eigenen Überzeugungen entsprechen, und sich auf eine langfristige Vision für das Leben zu konzentrieren. Es ist möglich, ein erfülltes und sinnvolles Leben zu führen, während man um die Welt reist - es erfordert jedoch eine bewusste Entscheidung, Priorisierung und Engagement für das, was einem wirklich wichtig ist.
In dieser Blog-Artikelserie "Vagabonding 2.0" wollen wir uns mit dieser Identitätskrise der digitalen Nomaden auseinandersetzen und Lösungsansätze aufzeigen. Sie beschreibt eine Roadmap um sich ein sinnerfülltes Digitales Nomadendasein aufzubauen. Nur dass dieses Modell sich mehr auf die traditionellen Werte eines Vagabunden stützt und weniger auf Arbeit ausgerichtet ist, als die aktuelle Digitalen Nomaden Community.
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